Abdou M. – Quereinstieg als Hilfskraft in einer Wohngruppe

Vor etwa 20 Jahren sind Sie aus Gambia nach Deutschland gekommen. Wie haben Sie die ersten Jahre in Deutschland gemeistert?

Meine Frau, ihre Verwandten und auch viele Freunde haben mich aber schnell davon überzeugt, dass ich hier leben kann. Als Ausländer in einem fremden Land musst du zuhören, hinschauen und deinen Weg finden. Je offener du sein kannst, desto weniger fremd fühlt sich das für dich an. An Deutschland schätze ich vor allem die Geradlinigkeit. Was getan werden muss, wird auch gemacht und zwar richtig. Wenn man aus einem Land kommt, in dem Korruption sehr stark und Gleichberechtigung nicht immer an der Tagesordnung ist, schätzt man, dass hier die Menschen gesetzlich gleich behandelt werden.

Beruflich bin ich damals mit Qualifikationen im Bereich Tourismus und Gastronomie nach Deutschland gekommen. Ich habe in einem Produktionsbetrieb angefangen zu arbeiten. Vor allem der Chef dort hat mir vertraut. Später durfte ich sogar eine kleine Abteilung leiten. Das war eine starke Erfahrung. Freunde haben mir immer wieder Vorschläge gemacht, wie ich mich weiterbilden kann. Viele glaubten, dass ich mehr könnte.

Warum haben Sie sich nach so vielen Jahren im produzierenden Gewerbe für einen sozialen Beruf und für das Franziskuswerk entschieden?

Der soziale Bereich war für mich von Anfang an eine Option. Ich dachte aber, dass es hierfür eine spezielle Qualifikation braucht und ich studiert haben muss. Gleichzeitig wollte ich immer finanziell selbständig bleiben und konnte mir dann im höheren Alter eine Ausbildung nicht so richtig vorstellen. Privat habe ich dann einen Personalverantwortlichen vom Franziskuswerk kennengelernt. Er hat mich beobachtet, wie ich mit anderen Menschen eine gute Beziehung leben konnte. Und er meinte, ich könnte vielleicht auch mit den Bewohnern im Franziskuswerk ähnlich umgehen. Er hat dann vorgeschlagen, ich solle mir das mal überlegen und ich könne ja mal vorbeikommen und mir das anschauen. So kam es. Anfangs hatte ich Zweifel. Nach 22 Jahren in der Produktion hatte ich Angst davor, mich zu verändern. Und auch die Arbeit mit Menschen mit Behinderung ist eine Herausforderung, von der ich keine Erfahrung hatte.

Nach meiner Probearbeit hatte ich das Gefühl, als ob das keine Arbeit wäre. Hier musste ich mich nicht anstrengen, um meine Arbeit zu schaffen. Genau wie zuhause erledige ich hier Sachen und helfe Menschen dabei. Ich habe mich dann sehr schnell für die Arbeit als Hilfskraft entschieden. Ich fühle mich hier einfach wohl. Nachdem ich an meinem ersten Arbeitstag in meine Wohngruppe Benedikt gekommen bin, kamen gleich ein paar Bewohner auf mich zu und versuchten mit mir zu sprechen, obwohl sie mich noch nie gesehen hatten. Auch meine Kollegen begrüßten mich an dem Tag alle mit lächelnden Gesichtern. Ich habe mich sehr willkommen gefühlt, während sie mir zeigten was zu tun ist.

Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit den Menschen in Ihrer Wohngruppe?

Diese Arbeit ist für mich die beste Form, ich selbst zu sein. Sie ist für mich das A und O vom Leben, weil schlichtweg jeder Mensch in irgendeiner Form von einem anderen Menschen abhängig ist. Ich fühle mich bei meiner Arbeit in keinem Moment unter Druck, etwas zu schaffen. Auch nach Hause nehme ich keinen Druck mit. Das entspannt mich. Ich sehe meine Arbeit auch nicht als Arbeit, sondern als Wohnen. Ich gehe von einem Ort zu einem anderen Ort, um zu leben. Dort lebe ich zusammen mit meinen Mitmenschen. Diese entspannte Ruhe strahle ich auch aus.

Wie wird Ihre berufliche Reise weitergehen und welche Möglichkeiten bietet Ihnen hierfür das Franziskuswerk?

Jetzt gerade wo ich bin, habe ich das Gefühl, dass ich mich noch mehr in diesem sozialen Umfeld weiterentwickeln möchte. Möglichkeiten gibt es im Franziskuswerk genügend. Eine davon ist die Ausbildung zur Hilfskraftassistenz oder eine komplette Ausbildung zum Heilerziehungshelfer. Auch gibt es viele verschiedene Fortbildungen, um einfach besser zu werden in dem, was ich gerade mache. Vom Franziskuswerk erfahre ich hier sehr viel Unterstützung. Fast täglich bekomme ich E-Mails mit unterschiedlichen Vorschlägen.